über psychische gesundheit

„My deep belief is that there is always someone there, always somebody home who can be reached.”

Stan Tomandl

See, Fischer, Balance, Gleichgewicht

Die Psychologie beschäftigt sich vor allem mit dem Begriff der „psychischen Krankheit“, welcher oft mit Abweichungen von der Norm assoziiert wird. Wenn wir nach dem Wesen „psychischer Gesundheit“ fragen, umgehen wir dieses Dilemma. Häufig wird angenommen, psychische Gesundheit bedeute, ohne Traumata durchs Leben gekommen zu sein. Aber seelische Verletzungen sind doch eine natürliche Reaktion auf eine Welt mit vielen schädlichen Einflüssen.

See zugefroren, Baumstamm, psychische Gesundheit
Felsen, Landschaft, Erdung

Carl Gustav Jung zufolge ereignet sich im gesunden Menschen automatisch ein Individuationsprozess im Lebensverlauf – ein steiniger Weg hin zu Bewusstheit und Selbstwerdung. Dieser Prozess ist bei vielen Menschen unterbrochen bzw. kaum existent mit potenziell negativen Folgen für deren psychische Gesundheit. Je weniger Menschen diesen Weg beschreiten, desto problematischer entwickelt sich die Gesellschaft, in der diese Menschen leben – Machthunger dient der Kompensation von resultierenden Empfindungen der Bedeutungslosigkeit und Minderwertigkeit. 

See, Sonnenuntergang
Berge, Individuation

Der Impuls zur Individuation kann natürlicherweise in uns auftauchen, wenn wir mit uns vertrauter werden, aber er kann und darf nicht von außen erzwungen werden. Der Prozess kann gefährlich werden, wenn wir unvorbereitet sind und zu schnell voranschreiten. Es gibt jedoch Prinzipien psychischer Gesundheit, die erlernt werden können. Sie schützen und helfen uns bei inneren und äußeren Herausforderungen: Gesunde Grenzen, Zentrierung und Erdung. Es geht nicht darum, in einem Optimum zu verharren. Das Leben fordert uns täglich heraus, alles pulsiert und verändert sich. Aber es ist hilfreich, zu wissen, wie wir unsere Grenzen, Zentrierung und Erdung wiederherstellen können, wenn wir es brauchen – oder eine erstmalige Erfahrung mit diesen „Funktionen“ machen zu können, die durch Traumata schwer beeinträchtigt sein können. 

Kind, Bambus, Zentrierung, Erdung, Grenzen

Die Begriffe der Grenzen, Zentrierung und Erdung sind sehr körpernahe Begriffe. Psychische Gesundheit beginnt damit, wie und ob wir in unserem Körper anwesend sind, wie und ob wir uns spüren, präsent sind. Wir brauchen Grenzen, um uns vor schädlichen Einflüssen zu schützen und autonom zu sein, wenn es an der Zeit ist. Grenzen sind dann gesund, wenn sie weder ausschließlich dick noch durchlässig sind, wenn wir also flexibel darüber verfügen können, uns zu öffnen oder zu separieren – je nachdem, was die Situation und unsere Bedürfnisse erfordern. Wenn wir entscheiden, unsere Grenzen zu öffnen, brauchen wir Zentrierung, d.h. Solidität und Festigkeit in unserer Körpermitte, damit wir nicht zerfließen in unserer Offenheit und uns verlieren. Erdung ist unser Kontakt zum Boden und zur Basis – zu dem, was uns trägt, aber auch an die Realität und die Schwerkraft bindet. Entwickeln wir diese Dinge, können wir leichter „bei uns“ sein, aber auch Mitgefühl und Empathie spontaner erleben. 

Dieser Vortrag beschreibt Carl Gustav Jungs Perspektive auf das „spirituelle Problem“ – die grundlegende Bedeutungslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Minderwertigkeit, die viele Menschen in unserer Zeit empfinden – sowie Ursachen, Folgen und mögliche Auswege.